Mein Name ist Heidrun Kruse, und ich bin Teil des Bremer Arbeitskreises des "Schwarzen Kreuzes", einer christlichen Straffälligenhilfe. Im Männervollzug sind wir als "Christen im Knast" bekannt, kurz CIK genannt. Wir haben uns diesen Namen gegeben, weil die Bezeichnung "Schwarzes Kreuz" den Inhaftierten zu düster erscheint, vor allem, wenn man andere Mitgefangene in die Gruppe einladen möchte. Unser Team besteht aus fünf Mitarbeitenden, darunter vier Männer und ich als Frau.
Ursprünglich stamme ich aus Berlin und war dort bereits ehrenamtlich im Gefängnis Tegel tätig, bevor ich 2011 mit meinem Mann nach Bremen zog. Die Idee, im Gefängnis ehrenamtlich zu arbeiten, entstand, als eine Gefängnispfarrerin in unserer Kirche in Berlin über ihre Arbeit berichtete. Das hat irgendwie mein Herz berührt. Inspiriert von ihrem Engagement begann ich, unter ihrer Anleitung Gruppenangebote zu machen, die sehr gerne angenommen wurden.
Nach meinem Umzug nach Bremen erkundigte ich mich sofort nach ähnlicher ehrenamtlicher Arbeit in der JVA und fand sie. Seit 2011 bin ich nun Teil des Bremer Arbeitskreises.
Jeden Donnerstag treffen wir uns in der JVA. Immer zwei aus unserem Team treten an. Eine Person hält das Thema, die andere sorgt für Getränke und Knabberzeug. An unseren Treffen nehmen in der Regel zehn Männer teil, weitere acht bis zehn stehen auf der Warteliste. Alle wissen, wer dreimal unentschuldigt fehlt, fliegt raus. Die Gruppe ist daher ziemlich stabil aufgestellt.
Die Männer kommen entweder, weil sie unseren Flyer "Christen im Knast! Freiheit beginnt hinter Gittern!" gelesen haben oder weil sie von anderen Mitinhaftierten eingeladen wurden. Bei unserem Treffen steht zunächst das gemeinsame Singen von Liedern im Mittelpunkt, begleitet von einer rockigen Gitarre. Die Lieder handeln von Gott und seiner Liebe zu uns. Je nach Temperament singen die Männer laut mit Körpereinsatz oder leise und innig; falsche Töne tun der Begeisterung keinen Abbruch.
Ein zentrales Thema unseres Treffens war Psalm 139, der die Botschaft vermittelt, dass jeder Mensch wunderbar gemacht ist und von Gott geliebt wird. Viele Männer beteiligen sich an den Gesprächen und erzählen von ihren Erfahrungen. Es ist berührend zu sehen, wie sehr sie sich über die Zuwendung und die Worte der Liebe freuen.
Wenn ein neuer Inhaftierter unsere Gruppe besucht, erlebt er Folgendes:
Nachdem er drei Monate auf der Warteliste stand, betritt er zum ersten Mal unseren Besucherraum. Dabei beobachtet er, wie alle herzlich begrüßt werden und sich gemeinsam auf das Treffen freuen. Er sieht Chips und Cola auf dem Tisch und nimmt abwartend Platz. Eine Person dankt Gott für das Essen und die bevorstehende Zeit miteinander. Aus einem Hefter werden Lieder gesungen, begleitet von einer Gitarre. Die fröhliche Atmosphäre steckt ihn an. Dabei wird ihm klar, dass es nicht nur um Snacks geht, sondern um gemeinsame Zeit und spirituelle Erfahrungen. Bibeln liegen auf dem Tisch, und er darf eine mitnehmen, da er keine besitzt. Abschließend beten und segnen wir die Männer und freuen uns darüber, dass neue Teilnehmer wiederkommen möchten.
Ich wurde mal von den Inhaftierten gefragt, warum ich hier bin, beim Abschaum, der untersten Sohle der Gesellschaft. Meine Antwort: Ich bin nicht besser als ihr, ich bin nur besser dran. Gottes Liebe erfüllt mein Herz, und ich kann meine Schuld Jesus bekennen, der mir vergibt. Einige Männer haben genau das auch erlebt: Freiheit hinter Gittern. Darum sind wir da und nicht wegzukriegen! Das verändert auch uns. Jesus ist bei denen, die Hilfe brauchen.
Die Zusammenarbeit mit den Beamten in der JVA ist sehr positiv, ebenso wie die Unterstützung durch unsere Koordinatorin für ehrenamtliche Mitarbeiter, die für uns Ehrenamtliche alles tut, um zu organisieren und zu schulen, damit wir effektiv unser Ehrenamt ausfüllen können.
Einmal sagte ein Beamter zu einem Gefangenen: "Gehen Sie in die Gruppe, das wird Ihnen guttun." Das ist für uns eine Bestätigung unserer Arbeit.
Mit herzlichen Grüßen,
Heidrun Kruse