Hallo,
ich bin Andrea und besuche seit 14 Jahren die JVA Oslebshausen, um dort Inhaftierte zu treffen und Bibelstunden abzuhalten. Sicher fragt ihr euch, wie ich auf diese Idee gekommen bin. Das ist eigentlich schnell erklärt. Wir saßen als Bekannte zusammen und sprachen darüber, was wir gerne einmal machen würden. Dort sagte ich: "Ich würde gerne im Gefängnis über Jesus reden." "Da kann ich dir helfen", sagte ein Bekannter von mir und empfahl mir das Schwarze Kreuz.
Das Schwarze Kreuz ist ein christlicher Verein, der Straffälligen in Haft und auch danach hilft, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen. Dort gibt es in verschiedenen Städten Arbeitskreise, die in die JVA gehen und Gesprächskreise anbieten. So kam ich zum Gesprächskreis Bremen, denn damals wohnte ich noch dort. Da ich zu der Zeit längere Zeit krankgeschrieben war, hatte ich die Zeit und die Lust, mich ehrenamtlich einzusetzen.
So wurde mein Wunsch wahr, und ich besuche nun 2 bis 4 Mal im Monat die JVA, um den inhaftierten Frauen von einem Leben mit Jesus zu erzählen. Ich empfinde das als sehr erfüllend und erlebe, wie sich mein Horizont für diese Welt enorm erweitert. Sicher, man erlebt viel Leid und wird mit Problemen konfrontiert, die man sich so nicht vorgestellt hätte, aber ich möchte es nicht missen.
In unserer Gruppe engagieren sich vier ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, die sich in ihrer Freizeit um inhaftierte Frauen kümmern. Oft werde ich gefragt, ob ich keine Angst habe, mit diesen Frauen eingeschlossen zu werden. Nein, das habe ich nicht, denn ich konnte sehr bald feststellen, dass es ganz normale Frauen sind, die meistens sehr dankbar sind, dass wir reinkommen und Zeit mit ihnen verbringen. Wir gehen zu zweit und haben eine Gruppe von bis zu zehn Frauen. Es wird Kaffee getrunken, Kekse gegessen, zugehört, erzählt und gelacht. Nichts, wovor man Angst haben müsste.
Durch die Möglichkeit, einmal in die geschlossene Welt der JVA zu schauen und die Menschen dort kennenzulernen, habe ich mich auch persönlich weiterentwickelt, Wissen angehäuft und besser gelernt, mit Menschen in extremen Situationen umzugehen. Ich habe gelernt, dass jeder inhaftierte Mensch eine eigene Geschichte hat. Das entschuldigt die Tat nicht, aber häufig erklärt sie sie.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, und es ist nicht einfach zu wissen, was man gerne machen möchte. Darum finde ich es durchaus in Ordnung, dass manches für kurze Zeit ausprobiert wird, um festzustellen, was einem liegt, was Spaß macht und wo man sich einbringen möchte. Nicht jeder möchte oder kann mit den Problemen von Inhaftierten konfrontiert werden, aber gerade im sozialen Bereich werden jede helfende Hand gebraucht. Schau dich doch einfach mal um, sprich mit den Leuten, die dort arbeiten, schnuppere hinein und erlebe, wie befriedigend ehrenamtliche Arbeit sein kann, wenn du das tust, was dir wirklich Spaß macht.
Es grüßt und ermutigt euch,
Andrea